E-Voting: gesunde Skepsis und OpenSource ist nötigLesedauer ca. 3 Minuten

Parteiübergreifend haben sich junge ParlamentarierInnen heute für ein überlegteres und sorgfältigeres Vorgehen bei E-Voting (vote électronique) ausgesprochen. Die «Generation Internet» ist damit kritischer eingestellt als der Bund.

Die beiden Motionen wurden gemeinsam vorgestellt von Isabelle Chevalley (Grünliberale/VD), Balthasar Glättli (Grüne/ZH), Lukas Reimann (SVP/SG), Jean Christophe Schwaab (SP/VD). Die erste Motion (Erstunterzeichner Jean Christophe Schwaab) will die geplante Erhöhung der Anzahl Leute, die elektronisch abstimmen können, verhindern:

Der Bundesrat verzichtet darauf, den Kantonen eine Erhöhung der Grenze des zu elektronischer Stimmabgabe zugelassenen Elektorats auf 50% bewilligen. Er verzichtet also auf die im „3. Bericht des Bundesrats zu Vote électronique“ per 1.1.2014 angekündigte Anpassung der VPR.

Die zweite Motion (Erstunterzeichner Balthasar Glättli) will im Grundsatz Systeme der ersten Generation komplett verbieten, neu zugelassen werden sollen nur Systeme, welche sowohl auf individueller Ebene als auch für das Gesamtresultat eine Verifizierung zulassen. Übergangsweise Ausnahmen sollten allenfalls einzig für die Stimmabgabe von AuslandschweizerInnen möglich sein. Bei sämtlichen Systemen soll eine Offenlegung des Quellcodes zwingend sein (Open Source):

Der Bundesrat passt Art. 27a-27q VPR folgendermassen an:
1. Der Bundesrat stoppt E-Voting-Versuche mit Systemen der ersten Generation.
2. Zugelassen sind per sofort nur Systeme, welche nicht nur die Sicherheit und Anonymität der Stimmabgabe gewährleisten, sondern die es auch ermöglichen, dass der/die Stimmberechtigte persönlich die korrekte Übertragung ihrer Stimme überprüft und dass die Abstimmungsresultate ohne Bruch des Stimmgeheimnisses nachträglich verifiziert werden können (Systeme der zweiten Generation). Der Quellcode der Systeme muss zudem vollständig offen gelegt werden (Open Source), um allen Interessierten die Überprüfung von Schwachstellen und Sicherheitslücken zu ermöglichen.
3. Ausnahmen sind allenfalls übergangsweise für die Stimmabgabe von AuslandschweizerInnen vorzusehen.
4. Der Quellcode sämtlicher verwendeter Systeme muss zudem vollständig offen gelegt werden (Open Source), um allen Interessierten die Überprüfung von Schwachstellen und Sicherheitslücken zu ermöglichen.

Die Medien haben kürzlich darüber berichtet, dass ein Hacker das Genfer E-Voting-System hacken konnte. Zum Glück geschah dies aus pädagogischer und nicht aus böswilliger Absicht. Der Hacker hat eine Systemfehlkonstruktion ausgenützt, welche als „Ursprungsfehler“ dieses Systems der ersten Generation betrachtet wird. Ein solches Risiko für die Demokratie darf nicht geduldet werden.

Da die Sicherheit zur Zeit offensichtlich nicht gewährleistet werden kann, wäre das geplante Tempo bei der Ausweitung des vote électronique schlicht und einfach schädlich. So erfüllt eine Erweiterung der E-Voting-Versuche nicht die Vorgaben von Art. 8a Abs. 2 letztem Satz BPR („Missbräuche [müssen] ausgeschlossen bleiben. »). Das Vorgehen steht zudem im Widerspruch mit dem Motto, das mehrmals im „3. Bericht des Bundesrats zu Vote électronique“ wiederholt wird: „Sicherheit vor Tempo“.

Das Vertrauen in korrekte Wahlresultate ist für die Akzeptanz von Wahl- und Abstimmungsresultaten zentral. Um dieses notwendige Vertrauen in Vote électronique zu schaffen, muss einerseits der Quellcode der verwendeten Systeme unbedingt offen gelegt werden, damit er auch von Dritten auf mögliche Sicherheitslücken überprüft werden kann. Andererseits muss die Verifizierbarkeit der Resultate individuell – wie zum Beispiel in Norwegen – und auch für das Gesamtresultat gewährleistet sein.

Grundsätzlich sind solche Systeme möglich, wie u.a. eine Studie zeigt, welche die Bundeskanzlei selbst in Auftrag gab. Die Studie ist zuunterst an dieser Seite als PDF zu finden. Wie bereits 2012 von inside-it berichtet wurde, scheut aber die Bundeskanzlei den damit für die Kantone verbundenen Aufwand…