Für ErnährungssicherheitLesedauer ca. 3 Minuten

Für uns Grüne sind noch nicht alle Fragen geklärt, was die Initiative „Für Ernährungssicherheit“ betrifft. Bis zur Schlussabstimmung entscheiden wir deshalb noch nicht.

Der Text dieser Initiative ist ja tatsächlich sehr offen formuliert. Als Mitglied der Staatspolitischen Kommission könnte ich eigentlich erfreut sein: Endlich wieder einmal eine Initiative, die einen Verfassungstext vorschlägt und nicht schon gerade Gesetz und Verordnung in unser höchstes Gesetzesbuch, in die Verfassung, schreiben will! Allerdings muss ich sagen: Etwas mehr Präzision wäre vielleicht doch hilfreich gewesen. Der Verdacht, dass es nicht nur um die Optimierung der Chancen an der Urne ging, sondern vor allem auch um die Optimierung der Chance, dass diese Initiative zur internen Konsolidierung des Schweizer Bauernverbandes führt, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Die greifbare Zielansage fehlt uns.

Welches Zielfoto haben wir Grünen für die Landwirtschaft? Für uns ist ganz wichtig, dass die Schweiz nicht einfach isoliert ist. Wir sind nicht für eine Weltsicht, die angesichts der Grenzen blind ist. Ich habe das Thema Futtermittelimporte in meiner Frage schon angesprochen. 200 000 Hektaren Ackerfläche haben wir ausgelagert für die Produktion von Futtermitteln. Nur 15 Prozent der Eiweissträger in der Schweiz, die verfüttert werden, werden auch hier produziert. Tag für Tag importieren wir 700 Tonnen Soja aus Brasilien für Futtermittel. Das heisst Schweizer Fleisch, Schweizer Milch und Eier werden faktisch immer stärker auf ausländischem Boden produziert. Und wer hier von Selbstversorgungsgrad spricht, ohne die Futtermittelimporte zu nennen, lügt sich in die eigene Tasche, lügt auch den Wählerinnen und Wählern in die Tasche. Wir Grünen sind nicht gegen den Handel, auch nicht gegen den Handel im Landwirtschaftsbereich. Aber unser Motto heisst hier: „fair trade“ statt „free trade“, oder auf Deutsch: fairer Handel statt Freihandel um jeden Preis.

Das ist unser Zielfoto: Wir wollen kein Öko- und Tierschutzdumping, wir wollen auch für die Bauern in der Schweiz keine unfaire Konkurrenz durch ausländische Produktion, die sich nicht an die schweizerischen Minimalanforderungen halten muss. Gerade im Tierschutzbereich gibt es ja deutliche Unterschiede.

Diese Forderungen der Grünen haben 105’540 Schweizerinnen und Schweizer mit ihrer Unterschrift unter unsere Fair-Food-Initiative bekräftigt. Von einer solchen Politik profitieren sowohl Konsumentinnen und Konsumenten als auch Schweizer Bäuerinnen und Bauern. Wovon weder Konsumentinnen noch unsere Umwelt noch wir, die hier leben, profitieren, ist eine Intensivierung der Produktion in der Schweiz à tout prix. Kulturlandschutz – ja, gerne! Intensivierung um jeden Preis – nein danke!

Sie sehen, es gibt viele Fragen, die für uns Grüne zur Beantwortung, ob wir am Schluss ein Ja oder Nein empfehlen, schlicht noch offen sind. Deshalb möchten wir das über die Zeit bis zur Schlussabstimmung noch offen lassen, um dann definitiv den Entscheid treffen zu können. Ich kann Ihnen als Zürcher Grüner nur sagen: Bei mir könnten diejenigen, die sich jetzt für diese Initiative einsetzen, viel mehr Vertrauen schaffen, dass auch gemeint ist, was drin steht, wenn diese – der Bauernverband, alle Parteien, die hier jetzt Ja zu dieser Initiative sagen – sich dafür einsetzen würden, uns Grüne im Kanton Zürich zu unterstützen, wenn wir endlich die vom Souverän im Kanton Zürich beschlossene Kulturland-Initiative umsetzen wollen. Hic Rhodus, hic salta! Für mich als Zürcher ist das der Tatbeweis, den ich brauche, damit Sie mich überzeugen können, dass Kulturlandschutz hier ernst gemeint ist, dass es nicht einfach ein Honigtopf ist, der den Grünen das Zustimmen etwas versüssen soll.

» zur ganzen Debatte im Nationalrat