Sie ist endlich gestartet, die Gletscher-Initiative. Eine lange Geburt. Ein Projekt, über das ich mit Marcel Hänggi und anderen Mitengagierten der ersten Stunde seit Herbst 2016 zweieinhalb Jahre lang in vielen Sitzungen gebrütet habe. Und eins ist klar: es geht um viel.
Am Anfang stand das Pariser Abkommen zum Klimaschutz. «Das Epochale am Abkommen von Paris ist der beschlossene Ausstieg aus der Energieform, die zweihundert Jahre lang der Motor der Weltwirtschaft war. Nur haben das viele nicht verstanden», hatte Marcel Hänggi in einem Politblog im Mai 2016 geschrieben.
Das Epochale am Abkommen von Paris ist der beschlossene Ausstieg aus der Energieform, die zweihundert Jahre lang der Motor der Weltwirtschaft war. Nur haben das viele nicht verstanden.
Marcel Hänggi, 2016 in einem Politblog
Diese Radikalität blenden viele aus, die nun die Gletscherinitiative unterstützen. Dabei müssten wir es schon aus einem kurzen Blick in die Geschichte besser wissen. Die Industrielle Revolution – getrieben von der Ausbeutung fossiler Energien – hat nicht nur eine ganz neue Wirtschaftsweise hervorgebracht. Sie hat auch die Gesellschaft hier und in der ganzen Welt tiefgreifend umgepflügt. Da wurden nicht einfach Menschen und Pferde ersetzt durch Dampfmaschinen und Motoren. Sondern die ganze Produktionsweise wandelte sich, und mit ihr ganz tiefgreifend die Besitz- und Machtverhältnisse.
Die Transformation vom fossilen Kapitalismus zu einer postfossilen Wirtschaft ist ein ebenso grosser Umbruch wie die kapitalistische Revolution, welche den Feudalismus ablöste.
Aber es gibt einen grossen Unterschied. Während die Überwindung des Feudalismus je nach philosophischer Auffassung vielleicht eine geschichtliche Notwendigkeit gewesen sein mag – oder auch nicht – so ist der Weg hin zu einer postfossilen Gesellschaft zwingend. Und weitaus dringlicher. Denn die Klimakrise ist bereits in vollem Gang, die Fundamente in Bewegung. Und es drohen Kippeffekte und Rückkoppelungen, welche die schon heute rasante Entwicklung noch zuspitzen.
Die Zeit drängt. Nicht für die Erde. Nicht für die Natur. Nicht einmal für den Menschen als Art. Aber für die Menschheit, verstanden als Zivilisation. Was aber heisst das, für die Zivilisation? Sprechen wir vielleicht ganz einfach vom Wunsch, friedlich zusammenleben zu können. Vom Respekt vor Werten, die auch in einer neuen Umwälzung Leitstern sein sollen: Freiheit. Gleichheit. Solidarität.
Als GRÜNER will ich genau das. Diese Umwälzung als Chance verstehen, gemeinsam eine Gesellschaft zu gestalten, welche nicht nachgibt, diese unerfüllten Versprechen der Moderne Schritt für Schritt voranzubringen. Ich will, dass die so dringend notwendige tiefgreifende Umwälzung nicht auf Kosten der Menschen geht, zum Preis von immer mehr Angst, Unsicherheit und Ausgrenzung.
Wenn alles so bleibt, wie es ist, bleibt bald nichts mehr, wie es ist. Mich ermutigen darum JournalistInnen wie Marcel Hänggi, die plötzlich politisch aktiv werden. SchülerInnen, die plötzlich streiken. WissenschafterInnen, welche plötzlich den Elfenbeinturm verlassen. Sie haben das begriffen.
(Grüne Gedanken zur Wochen, erscheinen leicht gekürzt im P.S. am 1.2.2019)