Die aktuelle Finanz- und Währungskrise ist das zweite Fanal. Noch erinnern wir uns an die kaum ausgestandene Finanz- und Weltwirtschaftskrise, den spektakulären Bankrott von Lehmann Brothers im September 2008. Der ausufernde Finanzkapitalismus ist offensichtlich in einer tiefen Krise. Wie ist sie entstanden? Was sollen wir tun?
Wir haben es mit einer strukturellen, grundlegenden Problematik des internationalen Finanzkapitalismus zu tun. Wesentliche Ursache ist eine fortschreitende Kapitalakkumulation. Und mit dem Mauerfall wurde der rheinische Kapitalismus verabschiedet, eine immer stärkere Umverteilung von unten nach oben zum Normalfall. So entstanden immer grössere Vermögen mit riesigen Renditeerwartungen: de facto meist höher, als dies in der realen Wirtschaft tatsächlich erreichbar ist. Von 1980 bis 2007 hat sich das Weltsozialprodukt verfünffacht. Gleichzeitig versechzehnfachte sich das internationale Finanzvermögen… Rein spekulative Anlagen, komplexe derivative Finanzkonstrukte und automatisches Hochfrequenztrading prägen die Börse. Zuviel Kapital auf der Suche nach nicht existenten hohen Renditen: Es kommt zu Blasenbildung und rasanten Preisveränderungen ohne realwirtschaftliche Basis. Bedroht aber sind die reale Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze.
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Diese Entwicklung ist nicht gottgegeben. Am Anfang stand eine politisch gewollte Deregulierung der Finanzmärkte. Nach der Freigabe der Wechselkurse Anfang der 70er Jahre folgte in den nächsten zwei Jahrzehnten die Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs. Während der Regierung Clinton schliesslich fiel in den USA auch das Trennbankensystem. Damit wurde nun auch das für die reale Wirtschaft essentielle Geschäftsbankensystem in die Strudel der Spekulations-Sphäre hineingezogen.
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Perspektivisch braucht es – neben internationalen Massnahmen wie der Tobin-Steuer und den kurzfristig wichtigen entschiedenen Kurs-Interventionen der Nationalbank – in der Schweiz eine Dreisäulen-Strategie. Erstens muss ein Trennbanken-System eingeführt werden. Die heutigen Kantonalbanken könnten zusammen mit einer Postbank die Rolle von Geschäftsbanken wahrnehmen, die keine Spekulationsgeschäfte machen. Zweitens braucht es eine stärkere Abschöpfung der Top-Vermögen. Eine Reichsten-Steuer und eine Erbschaftssteuer sind zwingend. Die dadurch generierten Mittel müssen wir drittens in den ökologisch-sozialen Umbau und in einen Service Public investieren, die Arbeitsplätze mit Zukunft schaffen, einen hohen gesamtgesellschaftlichen Nutzen haben und allen zur Verfügung stehen.
Balthasar Glättli
Quelle: Dieser Text erschien leicht gekürzt als „Grüne Gedanken zur Woche“ am 25. August 2011 im P.S.