Aufgrund verschiedener Indizien ist es wahrscheinlich, dass die europäische Kommission den Europäischen Gerichtshof erst am 11. Mai 2012 in Sachen ACTA offiziell angerufen hat.
Wo steht der Überprüfungsbericht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Sachen ACTA? Das mögen sich viele Interessierte fragen. Die Antwort ist einfach: Nirgends. Obwohl EU-Handelskommissar Karel de Gucht bereits am 22. Februar 2012 offiziell angekündigt hatte, den Gerichtshof anzurufen, geschah lange nichts.
Schon am 29. Februar protestierten die beiden Grünen Fraktionsvorsitzenden im EU-Parlament, Daniel Cohn-Bendit und Rebekka Harms, in einem Brief an den Präsidenten der Europäischen Kommission, Joaé Manuel Barroso, dass das Parlament von keinem solchen Schritt offiziell infomiert worden sei. Sie schrieben:
„As you know, Article 218(10) requires that Parliament be immediately and fully informed at all stages of a prodecure relating to the negiation and conclusion of international agreements. A referral for opinion to the Court ist undobtedly a rather important event in such a procedure:“
Eine Antwort erhielten Cohn-Bendit und Harms erst am mit Datum vom 10. Mai 2012. Darin bestätigt Barroso indirekt, dass noch keine entsprechende Anfrage ergangen ist und erklärt (keine Online Quelle vorhanden):
I can confirm that the Commission intends to ask the Court of Justice to clarify whether ACTA is in any way incompatible with the EU’s fundamental rights and freedoms, such as freedom of expression and information or data protection.
To this end, the Commission decided on 4 April the question to be submitted to the Court of Justice pursuant to Article 218(11) TFEU on the compatibility of ACTA with the Treaties. This will allow the court case to be launched within the next few weeks.
Barroso fürchtete wohl Aufruhr im Zusammenhang mit dieser Ankündigungspolitik. Drum ging’s dann plötzlich schnell. Einen Tag später schon, am Freitag, dem 11. Mai um 19h, vermeldete der heise newsticker:
Die EU-Kommission hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) formell um eine Stellungnahme zum umstrittenen Anti-Piraterie-Abkommen ACTA gebeten. Das teilte ein Sprecher von Handelskommissar Karel de Gucht am Freitagnachmittag in Brüssel mit.
Fazit: Von der Ankündigung am 22.2., den EuGH anzurufen bis zur formellen Durchführung gingen doch einige Tage ins Land. Die offizielle Anrufung kann gemäss den vorliegenden Informationen eigentlich nur am 10. oder 11.5. über die Bühne gegangen sein. Entsprechend müssten unterdessen die EU-Parlamentarier über den genauen Inhalt der zu prüfenden Fragen informiert worden sein… davon gelesen habe ich noch nichts.