Interessanterweise hat meine Auswertung des Zeitaufwands fürs Amt als Nationalrat in den letzten Tagen zu einigen Medienanfragen geführt. Darum hier einige Zusatzangaben.
Wie ich in einem ersten Blogeintrag erwähnt habe, ist neben der Arbeit, die im engeren Zusammenhang mit dem Nationalratsmandat erfolgt, selbstverständlich weiterhin die Präsenz an Parteiveranstaltungen (Mitgliederversammlung etc.) und Vorstandssitzungen gewünscht. Diese haben sich bei mir seit Februar auf etwas unter 30h summiert.
Zusätzlich engagieren sich viele Politikerinnen und Politiker auch noch in Interesseverbänden. So auch ich. Bei mir ist das zeitaufwändigste Engagement jenes beim Mieterinnen- und Mieterverband. Für die Vorstandsarbeit, Arbeitsgruppensitzungen und Besprechungen im Mieterverband Zürich, im SMV/D und im gesamtschweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband habe ich seit Februar gut 76h aufgewendet. Dazu kam Vorstandsarbeit bei der Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich SPAZ (8h) und bei Solidarité sans frontières (10h).
Schliesslich sei noch das freiwillige Engagement im Rahmen von Kampagnen erwähnt. Nach meiner Auffassung von Politik soll auch dieser Einsatz nicht nur von Basismitgliedern geleistet werden. Hier sollten vielmehr erfahrenere PolitikerInnen ihr Wissen an andere weitergeben. Mein konkretes Beispiel dazu: Für die erfolgreiche Kampagne „2xNEIN zum Bürgerrechtsgesetz“ im Kanton Zürich engagierte ich mich von Dezember bis Februar insgesamt 43h – und finanzierte die Kampagne via Testimonial auch noch mit.
All diese Engagements, gepaart mit einem 50% Job, wurde mir dann klar zuviel. Es war dabei weniger die absolute Arbeitsbelastung. Ich habe seit Jahren nie eine 42h Woche gekannt – und die politische Arbeit lässt sich umgekehrt auch von der eigenen Motivation her nicht mit einem Job vergleichen. Nein, problematisch war v.a. die hohe Verfügbarkeit, welche bei Kommissionssitzungen und während der Session verlangt wird.
Was sind die Konsequenzen?
Zum Schluss noch eine Klarstellung: Ich habe diese Zeitmessungen vorab für mich gemacht. Als Mittel, um meinen Arbeitseinsatz festzuhalten und mich selbst überprüfen zu können. Denn in der Politik ist die Gefahr gross, sich mit Haut und Haar auffressen zu lassen. Welche Konsequenzen man dagegen aus meinen Aufstellungen zieht, ist offen.
Man könnte sagen, ich nähme die Sache zu ernst und vielleicht auch mich selbst zu wichtig und ich fokussiere zu wenig auf ein einzelnes Kernthema.
Man könnte daraus die Forderung ableiten, nun endlich anzuerkennen, dass ein National- und noch mehr ein Ständeratsmandat tatsächlich ein Fulltime-Job sei. Man müsste dann das Idealbild des Milizparlamentariers begraben und könnte entsprechend Strukturen, Abläufe und allenfalls Entschädigung anpassen.
Oder man kann – wie ich – zum Schluss kommen, dass eine solche Belastung als Milizparlamentarier nur mit einer besseren und umfangreicheren parlamentarischen Assistenz bewältigt werden kann. Warum sollte nicht jeder Parlamentarier und jede Parlamentarierin die Möglichkeit erhalten, eine Assistenz zu beispielsweise 50% bei einem fairen Lohn anzustellen? Heute scheut man sich davor. Die aktuelle Lösung beinhaltet eine Zahlung von ca. 35’000.- jährlich für eine Assistenz, die aber selbst zu organisieren ist. Im immer wieder kolportierten „Parlamentariereinkommen“ von zwischen 120’000.- und 130’000.- ist dieser Betrag aber bereits enthalten. Viele ParlamentarierInenn stellen deshalb niemanden an und brauchen das Geld selbst. Umgekehrt reichen 35’000.- klar nicht aus, um eine qualifizierte Person zu einem fairen Lohn halbtags anzustellen. Hier braucht es meines Erachtens effektiv Abhilfe.