Die deutsche Debatte ums Leistungsschutzrecht schwappt nun auch in die Schweiz über. Unter einem anderen Stichwort: Presseförderung. Google soll bezahlen, weil Google News Schlagzeilen von Medienwebsites nutzt. Warum ist das Quark? Eine kleine Klarstellung.
Wer mit Inhalten, die andere erstellt haben, Geld macht, soll die Ersteller der Inhalte auch dafür entschädigen. Von dieser Prämisse ausgehend fordern PolitikerInnen in Deutschland Geld von Google – weil Google News Titel und Anrisse von Online-Newssites veröffentlicht. Und in der Schweiz fordern Verleger „Schutz vor Google“. Google argumentiert dagegen: Der Google-News Aggregator helfe gerade den Medienwebsites, weil Tausende von LeserInnen überhaupt erst den Weg auf die Websites der Newssites finden würden.
Google übertreibt – und die Verleger auch
Wenn Google nun in Deutschland im Kampf gegen das neue Leistungsschutzrecht den „Untergang des Internets wie wir es kennen“ beschwört, dann darf man diese Kampagnenrhetorik nicht für bare Münze nehmen. Schon immer gab es im Internet Inhalte, die hinter Paywalls, sonst einem Loginscreen oder in Datenbanken (Deep Web) verborgen waren.
Die Verleger und ihre UnterstützerInnen argumentieren ihrerseits allerdings auch auf sehr dünnem Eis. Dies aus zwei Gründen:
- Google schmückt den Service Google-News nicht mit Werbung – ganz im Gegensatz z.B. zur normalen Google-Suche. D.h. Google nutzt nicht den redaktionellen Inhalt anderer um in Google News eine „Online-Zeitung“ zu erstellen, die als attraktives Umfeld für Werbung funktioniert.Gehen wir aber davon aus, dass Google nichts ohne Eigeninteresse macht, so könnte man sagen: „irgendwie verdienen sie doch Geld mit diesem Modell. Sonst würden sie es nicht tun.“ Da kommt allerdings das zweite Argument ins Spiel:
- Google ermöglicht es jedem Websitenbetreiber, sich „vor Google zu schützen“, sprich seine Website aus Google News auszuschliessen. Mit einem einfachen Meta-Tag kann sogar für jede einzelne Seite sowohl die Indizierung für die normale Google-Suche als auch die Indizierung bei Google-News kontrolliert werden. Verlagshäuser können also – wie alle anderen, die eine Homepage betreiben – genau entscheiden, ob sie ihren Inhalt in Google Search und/oder in Google News überhaupt für die Volltextsuche freigeben. Die Beschreibung ist hier zu finden. Die Einbindung jedes Werbebanners in eine Newssites ist um vieles komplizierter als die Erstellung einer einzelnen kleinen robots.txt datei, die im Root-Verzeichnis der Website positioniert werden muss. Wer seine ganze Website vor der Indizierung durch Google-News schützen will, muss bloss folgende zwei Zeilen in die Datei
robots.txt
schreiben:
user-agent: googlebot-news disallow: /
und wer auch aus der Google Suche ausgeschlossen werden will, braucht sogar fünf Zeichen weniger:
user-agent: googlebot disallow: /
Die Verleger wollen den Fünfer und das Weggli
Die Verleger wollen aber nun offensichtlich den Fünfer und das Weggli. Sie verzichten nicht darauf, ihre Sites in Google News aufzulisten – aber sie wollen von Google dafür auch noch Geld: dafür dass Google News ihren Content durchsuchbar aufbereitet und ihnen LeserInnen zuführt.
Wenn es den Verlegern gelingen sollte, dieses Geschäftsmodell in der Schweiz durchzusetzen, dann hätten sie wahrlich ein Meisterstück vollbracht. Allerdings müssten sie dann keine Krokodilstränen weinen, wenn Google im Gegenzug damit drohen sollte, Schweizer Newssites ganz allgemein von seiner Suche auszuschliessen…
Ein Gratistipp für Google
Wenn ich Google wäre, würde ich eine kleine Änderung an der Konfiguration des News-Crawlers machen. Statt standardmässig Newssites zu indizieren, würde ich für Schweizer Newssites als neue Grundeinstellung
<meta name="googlebot-news" content="noindex" />
annehmen. Dann wären die Verleger selbst dafür verantwortlich, durch eine Änderung der Metatags aktiv zu kommunizieren, dass sie in Google News aufgenommen werden wollen. Gratis, selbstverständlich – auch für Google…
UPDATE:
Von Google eben bestätigt bekommen: Google News *ist bereits* Opt-In. #LSR cc @bglaettli
— David Bauer (find me elsewhere) (@davidbauer) December 3, 2012