Der Nationalrat ist kein Schwänzer-GremiumLesedauer ca. 2 Minuten

Nachdem politnetz.ch eine Gesamtauswertung der unentschuldigten Absenzen über die ganze bisherige Legislatur veröffentlich hat, dominiert das „Schwänzer-Thema“ die Sonntagspresse. Dabei würde man besser gezielter auswerten – sage ich als einer der Nationalräte mit sehr guter Präsenz.

Vorab ein Dankeschön an Michael Hermann. Er hat gezeigt, dass ein Vorurteil (das ich auch hatte) nicht stimmt. Nationalräte schwänzen nicht immer häufiger. Sondern das Gegenteil ist wahr. Seit 1995 hat sich die durchschnittliche Abwesenheit bei Abstimmungen im Nationalratssaal von 27% auf 12% mehr als halbiert. Recht hat für einmal auch Christoph Blocher wenn er sagt, die Kunst wäre es, wichtige von unwichtigen Abstimmungen zu unterscheiden. Wenn ein Nationalrat bei einer unbestrittenen Abstimmung, die einstimmig ausfällt, fehlt, dann ist dies definitiv keine grosse Geschichte wert. UPDATE: Allerdings beherrscht Blocher selbst die von ihm genannte Kunst offensichtlich nicht, wie eine Auswertung von Michael Hermann zeigt, der meinen Vorschlag eines aussagekräftigeren Abwesenheitsrankings aufgenommen hat. Vgl. die Sotomo-Grafik. Unterdessen hat dies auch Thomas Ley im Newsnetz aufgenommen.

Ein Vorschlag zu einem aussagekräftigeren Abwesenheitsranking

Ein aussagekräftigeres Abwesenheitsranking müsste der Tatsache Rechnung tragen, dass eine einzelne Stimme mal wichtiger, mal weniger wichtig ist. Bei einem einstimmigen Resultat ist die Präsenz eines einzelnen Parlamentariers oder einer einzelnen Parlamentarierin am unwichtigsten. Wenn eine Abstimmung dagegen mit Stimmengleichheit ausfiel und damit das Ratspräsidium den Stichentscheid hatte, dann hätte eine einzelne Stimme den Entscheid auf die eine oder andere Seite gekehrt – wer in einem solchen Moment fehlt, verschenkt sehr viel Einfluss. Wenn Politnetz die Abwesenheiten bei knappen Entscheiden höher gewichten würde, wäre das Abwesenheitsranking eine effektive Aussage darüber, wer als Gewählte oder Gewählter am meisten Einflusspotential „verschenkt“ hat.

Weitere Präzisierungen wären möglich – aber dies wäre dann auch mit viel mehr Aufwand verbunden. Politnetz wertet nämlich „nur“ sämtliche Gesamtabstimmungen aus (vgl. die Erläuterungen in der rechten Spalte). In vielen Fällen allerdings fallen die wesentlichen Entscheidungen in Einzelabstimmungen während der Detailberatung. So aktuell bei der IV-Revision in der Wintersession, als es einige knappe Entscheidungen in der Detailberatung gab.

Offenbar basiert aber die Sonntagszeitung-Auswertung auf allen Abstimmungen, wie mir @politnetzCH eben getwittert hat:


Hier noch das Abwesenheitsranking bei knappen Abstimmungen: