Mein erster „Thunderclap“ – eine ReaktionLesedauer ca. 3 Minuten

Am 4.2.2013 um 18h wurde ich wohl als erster schweizerischer Nationalrat einem SocialMedia „Donnerschlag“ ausgesetzt. Warum ich das als Ehre empfinde und nicht als Shitstorm, das erkläre ich hier gern. Und auch, warum die Juso ihre politische Arbeit nicht einfach an mich delegieren kann.

Zuerst zum Anlass: Eine parlamentarische Initiative der Juso, welche für die Zürcher Kantonalbank ZKB die Lohnschere auf 1:12 begrenzen will. Also für ein Unternehmen das gleiche fordert wie gesamthaft in der Schweiz mit der 1:12 Initiative. Darüber und auch über die ablehnende Position der Mehrheit der Grünen Fraktion berichtet z.B. der Tages-Anzeiger.

In ihrer Entrüstung machte die Juso nicht etwa bei einzelnen KantonsrätInnen Druck oder versuchte mit Argumenten dort mehr Zustimmung zu erreichen (die Abstimmung steht ja erst in Wochen an). Sondern diese Aufgabe versucht sie elegant outzusourcen. Via SocialMedia an mich. Eine Wahl, die mich ehrt: denn ich bin ein überzeugter Vertreter der 1:12 Initiative und überhaupt des Kampfes gegen steigende Ungleichheit. Und das glaubt mir offensichtlich auch die Juso.

Warum ich überzeugt für die Intiative bin kannst Du z.B. hier in meinem Votum im Nationalrat sehen:

Was spricht denn gegen eine Unterstützung?

Unterdessen habe ich mich natürlich bei der Fraktionspräsidentin Esther Guyer direkt nach den vorgebrachten Argumenten innerhalb der Fraktion erkundigt. Meine persönliche Meinung, ohne dass ich nun Stunden investiert hätte: Die Argumentation einer drohenden Auslagerung im grossen Stil ins Ausland halte ich nicht für sehr überzeugend. Was mir durchaus einleuchtet und definitiv nicht einfach mit der Bezeichnung „grüner Rechtsrutsch“ etikettiert werden kann, sondern soziale Überlegungen beinhaltet, das ist das Argument, die ZKB würde auf eine solche Einschränkung unsozial reagieren: mit einem Outsourcing der günstigsten Arbeitskräfte. Also konkret Reinigungspersonal, das heute angestellt ist, kündigen, und die Leistungen dieser Personen (selbstverständlich auch noch mit für sie schlechteren Bedingungen) dann auf dem Markt extern einkaufen.

Ich kann mir auch noch weitere kritische Anmerkungen zum Vorstoss vorstellen. Man könnte mit Fug und Recht argumentieren, es sei etwas anderes, ob man einem einzelnen Unternehmen eine solche Regelung vorschreibe oder dies eben als Massstab für alle setze, wie das die Schweizerische 1:12 Initiative will.

Was spricht für die Unterstützung?

Persönlich würde ich der PI, wenn ich Kantonsrat wäre, doch zustimmen. Denn ich finde die Thematisierung der immer stärker auseinanderklaffenden Lohnschere und ihrer Folgen wichtig. Die wachsende Ungleichheit, sowohl was die Einkommensschere als auch was (in noch weit grösserem Ausmass) die Vermögensungleichheit betrifft, ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Ich gehe davon aus, dass die allermeisten Grünen diese Analyse und meine Sorge teilen.

Was bleibt der Juso zu tun?

Der Juso und ihren Vertreterinnen im Kantonsrat kann ich aber eins nicht abnehmen: Die Überzeugungsarbeit bei ihren Kolleginnen und Kollegen. Das müssen sie selbst tun. Innerhalb der eigenen Partei – mit der sie ja auch nicht immer einig sind – und bei den anderen Parteien. Die Grünen KantonsrätInnen wurden nicht als Schäfchen (weisse, schwarze???) gewählt, um auf Instruktionen von Hirte Glättli zu warten, wie dies ein Tweet der Juso Schweiz suggerierte:

Nein, sie sind wie alle anderen ParlamentarierInnen gewählt, um in ihrer eigenen Verantwortung zu entscheiden. Und die Juso Parlamentarierinnen wurden – wie alle anderen – gewählt, weil man ihnen zutraut, nicht nur gute Ideen zu haben, sondern diese auch im argumentativen In-Fight erfolgreich zu vertreten. Dass sie dies beherrschen, das können sie ja durchaus noch zeigen. Die Abstimmung ist, wenn ich das richtig sehe, ja noch Wochen entfernt. Mich soll es nicht stören, wenn ihnen bis dann eine Überraschung gelingt!