Die Grünen sagen NEIN zur SVP-Masseneinwanderungs-Initiative. Unsere Hauptargumente fürs NEIN.
Die SVP-Initiative «gegen die Masseneinwanderung» wird von den Grünen klar abgelehnt. Es braucht stattdessen wirksame flankierende Massnahmen, damit die hohe Lebensqualität in der Schweiz erhalten bleibt – die Initiative trägt dazu nichts bei. Die Grünen fordern eine nachhaltige Wirtschaftsförderung statt Zuwanderungsbeschränkung: statt Steuerdumping und Standortwettbewerb um neue Firmenansiedlungen braucht die Schweiz eine Harmonisierung der Steuern und eine Wirtschaftsförderung, welche die nachhaltige Entwicklung ins Zentrum stellt und das lokale Gewerbe fördert. Schliesslich kritisieren die Grünen auch, dass die Initiative den Zusammenhalt in Europa gefährdet.
Fünf Gründe zur Ablehnung der SVP-Initiative – Fraktionsvotum von Balthasar Glättli vom 20.6.2013
- Die bilateralen Verträge im Allgemeinen und die Personenfreizügigkeit im Besonderen sind grundsätzlich positiv für die Schweiz. Viele wichtige Branchen – ich nenne die Landwirtschaft, die Hotellerie, aber auch das Gesundheitswesen – würden ohne ausländische Arbeitskräfte nicht funktionieren. Diese Arbeitskräfte wären auch nach einer Annahme der Initiative notwendig. Das hörten wir von links bis rechts, von den Gewerkschaften bis zum Gewerbeverband und zum Bauernverband.
- Wir Grünen unterstützen die bilateralen Verträge aber nicht nur deshalb, weil sie im Interesse der Wirtschaft sind, sondern auch weil die Personenfreizügigkeit eine massiv bessere Rechtsstellung jener Menschen gebracht hat, die bereits seit Jahren und Jahrzehnten ohne Schweizer Pass in der Schweiz leben und arbeiten, die hier aber jahrelang Einwohnerinnen und Einwohner, Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zweiter Klasse blieben. „Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen“, hat Max Frisch 1965 geschrieben. Für uns Grüne ist es weiterhin selbstverständlich, dass wir Menschen auch Menschenrechte gewähren, und dazu gehört ganz wesentlich auch das Recht auf Familiennachzug, das Sie hier beschränken wollen.
- Der Bevölkerungszuwachs hat negative Nebenwirkungen wie Lohndumping, Mietpreisexplosion oder auch negative Nebenwirkungen im Bereich der Raumplanung. Es waren die Linken und Grünen, die darauf hingewiesen haben, dass das Probleme sind. Aber wir haben immer auch gesagt: Ein Teil dieser Probleme ist hausgemacht. Selbst bei einem vollständigen Bevölkerungswachstumsstopp wären Lösungen notwendig; auch wenn wir in den nächsten zehn Jahren eine Nettozuwanderung von NULL hätten, würden die Wiesen nicht einfach wieder grün, die Züge nicht einfach leer, die Mieten nicht plötzlich billiger oder die Löhne von selber höher.
- Es waren aber auch immer die Linken und Grünen, die gesagt haben: Wir brauchen wirksame flankierende Massnahmen. Man muss Probleme lösen, nicht Symbolpolitik betreiben. Es gerade die SVP war, die nie Hand zu dieser notwendigen Problemlösung geboten hat. Ich zitiere den damaligen Bundesrat Blocher, als es im Dezember 2004 um die flankierenden Massnahmen ging. Man kritisierte von links, die Löhne kämen unter Druck. Er sagte, das sei ja der Witz daran:
„Es ist ja klar, das ist natürlich auch der Zweck der Übung: Es wird ein Lohndruck entstehen, das schleckt keine Geiss weg.“ (AB 2004 N 2011)
Das ist O-Ton Blocher. Wir Grünen wollten das nicht, wir wollten keine unkontrollierte Wettbewerbssituation, sondern griffige flankierende Massnahmen. Darum braucht es Gesamtarbeitsverträge, Mindestlöhne, Lohnkontrollen, eine gerechtere Verteilung des Wohlstands unter allen Erwerbstätigen. Es braucht wirksame, griffige Massnahmen im Mietrecht gegen die Mietexplosion, eine griffigere Raumplanung gegen die Zersiedelung, gegen den zunehmenden Wohnflächenverbrauch. Das alles braucht es. Da finden wir bei Ihnen nie eine Hand, die hilft.
- Zum Schluss: Die Initiative ist auch ein „Bubentrickli“ oder, wie man böser sagen könnte, eine arglistige Täuschung jener, die sie unterschrieben haben in der Meinung, es passiere dann wirklich etwas. Das einzige, was Sie hier festschreiben, ist eine bürokratische Art des Managements mit Kontingenten. Was Sie nicht festschreiben, ist irgendeine Höchstzahl. Das ist doch absurd! Sie, die in der Kommission sagten, die Wirtschaftsverbände sprächen nicht für die Wirtschaft, Sie, die jeden Tag, bei jeder Gelegenheit ganze Güllenkübel von Verachtung über den Bundesrat ausleeren, Sie finden, der Bundesrat und die Wirtschaftsverbände, die Sie beide verachten, wären dann die richtigen Institutionen, um zum Wohle des Volkes jährlich die Kontingente auszuhandeln! So viel Heuchelei auf einem Blatt Papier hat man noch selten gelesen.
Darum sagen wir Grünen Nein zur Initiative! Lösen wir die wirklichen Probleme. Lösen wir sie gemeinsam, mit dem Bundesrat, mit der Wirtschaft, mit jenen Menschen, die hier seit Jahren auch aktiv zu unserem Wohlstand beitragen!