Alle politischen Parteien ausser der SVP, zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, aber auch wichtige Akteure der Wirtschaft und die Gewerkschaften lehnen die Initiative entschieden ab. Denn sie ist unverhältnismässig, unmenschlich, unrechtmässig und unsolidarisch.
Die Initiative “Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer (Durchsetzungsinitiative)” fordert, dass alle Ausländer/innen aufgrund bestimmter Straftaten ausgeschafft werden – unabhängig der Schwere und ohne Prüfung des Einzelfalls.
Unverhältnismässig
Im Fokus der Ausschaffungsinitiative stand die Ausschaffung von Ausländer/innen bei schweren Straftaten. Mit der „Durchsetzungsinititiative“ werden auch leichte Straftaten und Bagatelldelikte (z.B. Raufhandel oder Einbruch) Grund für Ausschaffungen. Es geht also entgegen dem Namen der Initiative nicht darum, die Ausschaffungsinitiative durchzusetzen. Sie ist vielmehr eine Verschärfung. Der Katalog von Straftaten, die zur automatischen Landesverweisung führen, würde grösser.
Im Bundesbüchlein zur Ausschaffungsinitiative sprachen die Initianten von etwa 1’500 Ausweisungen. Die Umsetzungsgesetzgebung zur Initiative, welche am 1.1.2017 in Kraft treten wird, ist aber bereits viel härter formuliert. Die Folge: wäre im Jahr 2014 die Umsetzungsgesetzgebung bereits in Kraft gewesen, hätte gemäss der Statistik 3863 Personen eine Doppelstrafe erhalten und ausgeschafft werden müssen, abzüglich allenfalls einiger schwerer persönlicher Härtefälle.
Gemäss Berechnungen des Tages-Anzeiger würde die „Durchsetzungsinitiative“ um die 7000 zusätzlichen Ausweisungen bringen. Aufgrund des Automatismus würden diese nicht auf mildernde Umstände geprüft, auch die Härtefallklausel käme nicht zum Zuge. Das in unserer Verfassung verankerte Prinzip der Verhältnismässigkeit würde missachtet.
Unmenschlich
In der ganzen Diskussion dürfen wir nicht vergessen: Wir stimmen über Schicksale von Menschen und die ihrer Familien ab. Durch die automatisch erfolgenden Ausschaffungen wird nicht auf die individuellen Fälle und Umstände eingegangen. Es kann ebenso Personen der 2. oder 3. Generation treffen, die bereits sehr lange in der Schweiz leben, ihre Familie und ihr vertrautes Umfeld hier haben. In ihrem Herkunftsland sind sie meist fremd.
Zudem verletzt die Initiative das Diskriminierungsgesetz. Eine Schweizerin und ein Ausländer würden für dieselbe Straftat nicht gleich bestraft. Mensch und Mensch würden ungleich behandelt.
Unrechtmässig
Mit der Annahme der Initiative würde der parlamentarische Prozess ausgehebelt. Die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative ist ein politischer Kompromiss, wie wir ihn oft in der Schweiz kennen: die Umsetzungsgesetzgebung ist härter, als es die Ausschaffungsinitiative war – aber sie ermöglicht in ganz engem Masse die Berücksichtigung besonderer Härtefälle. Es darf nicht sein, dass die SVP nun ihre eigene Gesetzesvorlage via Verfassung durchsetzt. Sie umgeht so ein Grundprinzip unserer Demokratie: die Gewaltentrennung.
Zudem hätten die Ausschaffungsbestimmungen Vorrang gegenüber völkerrechtlichen Bestimmungen. Diese Verträge wurden in den letzten Jahren durch das Schweizer Parlament gut geheissen. Sie zu missachten wäre nicht nur gefährlich, sondern auch schädlich für die Glaubwürdigkeit der Schweiz.
Unsolidarisch
Viele Bewohner/innen der Schweiz sind Secondos und Secondas, also hier geboren und aufgewachsen. Sie gehören wie alle anderen zur Schweiz, leben hier mit ihren Familien, arbeiten und nehmen am gesellschaftlichen Leben teil. Die Durchsetzungsinitiative würde wie ein Damoklesschwert über ihrem Leben hängen. Sie müssten befürchten, bereits bei einem kleinen Vergehen ihr ganzes Leben, ihr Zuhause zu verlassen. Wir müssen unsere Solidarität mit den Secondas und Secondos zeigen und die Durchsetzungsinitiative ablehnen. Nur so sichern wir den nationalen Zusammenhalt.
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