Was seit 2015 Schritt für Schritt in der Abgasaffäre herauskam, ist Betrug an Kundinnen und Kunden, gegenüber den Behörden, zulasten von Umwelt und Gesundheit.
Und treffen die neusten Vorwürfe zu, dass unternehmensübergreifend mit Absprachen getrickst wurde, muss man Klartext sprechen. Dann geht es um organisiertes Verbrechen.
Es mutet seltsam an, dass jetzt, wie etwa in dieser Zeitung vom letzten Donnerstag, die Umweltpolitikerinnen kritisiert werden, welche angeblich die «sparsamen» Dieselmotoren anstatt der Autokonzerne verteufeln. Es waren eben Grüne, Linke und Umweltverbände, die in jahrelangem Kampf erreicht haben, dass nun in der EU ab September endlich nicht mehr am Prüfstand gemessen wird, sondern im realen Betrieb. Und sie sind es, die sich gegen lange Übergangsfristen wehren: auch im Interesse der Konsumenten. Wer heute ein Auto kauft, muss wissen, dass da auch das draufsteht, was drin ist punkto Abgasen und Verbrauch.
Das Vertrauen in den Diesel zerstört haben die Hersteller selbst, nicht die Grünen. Niemand kann den Autokonzernen die Aufgabe abnehmen, dieses Vertrauen wiederherzustellen. Die strengeren Regeln und Kontrollen, die wir Grünen einfordern, können ihnen dabei höchstens helfen.
Das Grundsatzproblem aber ist ein anderes: In der Klimadiskussion wurden bisher beim Verkehr beide Augen zugedrückt. Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es nämlich wesentlich mehr als die Umstellung von Benzin auf Dieselmotoren – selbst wenn diese die versprochenen Abgasgrenzwerte und Verbrauchszahlen einhalten sollten. Darum hat grüne Verkehrspolitik auch drei Säulen: Verkehr vermeiden. Verkehr verlagern auf ÖV und sanfte Mobilität. Und den verbleibenden Verkehr verträglicher gestalten. Bei der Verkehrsvermeidung kann auch die moderne Technik helfen. Alle sprechen von Uber, der Firma, welche die Taxibranche umwälzt. Mit viel Verspätung hat nun diesen Sommer auch der Bund begriffen: Die gleiche moderne Technik kann man auch für echte Mitfahr-Apps nutzen. Denn ohne Verkehrsvermeidung sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Beim Pendeln fahren im Schnitt 1,1 Personen pro Auto. Das ist ineffizient: ob mit Benzin, Diesel oder Elektromotor. Ebenso ineffizient ist es, wenn übermotorisierte Luxuswagen anderthalb Tonnen Blech bewegen, um 80 Kilo Lebendgewicht von A nach B zu bringen.
Will man sich aber tatsächlich auf die Verbesserung durch effizientere Motoren beschränken, dann muss der Benziner nicht durch Diesel, sondern durch Elektromobilität ersetzt werden. Der Fachjournalist Hanspeter Guggenbühl hat es vorgerechnet: Die hundertprozentige Elektrifizierung der heutigen Autoflotte würde den Endenergieverbrauch in der Schweiz auf die Hälfte reduzieren. Und der CO2-Ausstoss der elektrifizierten Autoflotte sinkt deutlich, auch wenn man die höhere Klimabelastung bei der Batterieherstellung berücksichtigt.
Darum fordere ich mit einer Motion auch, ab 2025 in der Schweiz nur noch Nullemissionsautos neu zuzulassen. Das ersetzt keine intelligente Mobilitätsund Raumplanungspolitik. Und es ersetzt nicht die Förderung von ÖV, Velo und Fussverkehr. Aber es würde den verbleibenden Schweizer Autopark bis 2035 wesentlich weniger klimaschädlich machen.
Dieser Diskussionsbeitrag erschien unter dem Titel Mobilitätswende heisst mehr als «Motor wechseln» am 15.08.2017 in der Berner Zeitung und den Zürcher Regionalzeitungen in der Rubrik «Unser Gast».