Die Geschäftsprüfungsdelegation hat ihre Aufgabe richtig gemacht. Deshalb ziehen die Grünen die parlamentarische Initiative zurück. Ein schaler Nachgeschmack bleibt. Ein solcher Bericht sollte nicht ohne Echo bleiben und nicht zum Courant normal gehören.
Mein Votum im Nationalrat:
Das Interesse, das heute im Saal dieser Debatte gewidmet wird, ist etwa so gross, wie es das Interesse der Presse gegenüber dem Bericht im Fall Daniel M. war, nämlich viel zu klein. Man kann sagen: Der Geheimdienst bricht Recht, bitte gehen Sie weiter. Ich muss Ihnen sagen: Der Grund für diesen Antrag, eine PUK einzusetzen, war bei uns Grünen eine ganz andere Befürchtung. Wir haben befürchtet, dass die Geschäftsprüfungsdelegation keine glaubwürdige Untersuchung machen kann, da sie auch sich selbst kritisch betrachten musste. Denn es ging nicht nur darum, was der Nachrichtendienst richtig oder falsch gemacht hat, sondern auch darum, wie die Aufsicht funktioniert hat oder nicht.
Ich kann Ihnen erfreut sagen, dass sich unsere Befürchtungen zum Glück nicht erfüllt haben. Die Geschäftsprüfungsdelegation hat ganze Arbeit geleistet. Sie arbeitete gründlich, und sie fand Erschreckendes. Ich muss, unüblich für mich, zitieren und ablesen, damit ich es Ihnen allen nochmals zu Bewusstsein bringen kann.
Der Schweizer Geheimdienst hat nach Einschätzung der Geschäftsprüfungsdelegation mehrfach das geltende Gesetz gebrochen – so zu lesen auf Seite 29 des Berichtes. Der Geheimdienst hat in totaler Unkenntnis der Strafprozessordnung nichts unternommen, um die Identität und die Tätigkeit seiner Quelle zu schützen – Seite 64. Das ganze Vorgehen des Geheimdiensts war an Naivität und Unprofessionalität kaum zu überbieten und erbrachte gar keine relevanten Informationen – Seite 33 des Berichtes. Der Geheimdienstchef hat seine Aufgabe der internen Aufsicht nicht tauglich wahrgenommen – Seite 53. Der Chef Beschaffung hat Zahlungen entgegen internen Weisungen nicht dem Chef des Nachrichtendiensts zum Okay vorgelegt, sondern gestückelt, damit sie unter der Grenze von 50 000 Franken blieben – Seite 42.
Bundesrat Maurer erhielt für die Wahrnehmung seiner Aufsichtsfunktion als damaliger VBS-Vorsteher eine Liste der Operationen, die er selbst als wertlos taxiert hat. Er unternahm aber nichts, um das zu verbessern. Nein, es brauchte die Anregung der Geschäftsprüfungsdelegation, damit diese Liste neu konzipiert wurde – Seite 51. Die Vizepräsidentin der Geschäftsprüfungsdelegation fungierte als Mediensprecherin des Nachrichtendienstchefs. Sie bestätigte formell erstmals öffentlich den Einsatz von Daniel M. – Seite 73. Der damalige Nachrichtendienstchef Seiler höchstpersönlich versuchte mich als Parlamentarier durch die Weitergabe irreführender Auszüge aus einem damals noch geheimen Bericht auf eine falsche Fährte zu locken, dass nämlich die Auslandeinsätze rechtmässig gewesen seien – Seite 73.
Sie sehen, der Skandal ist diesmal nicht, dass sich die Aufsicht irgendwie zurückgehalten hätte. Sondern der Skandal ist der, dass die gesamte Presse, die sich sonst zu Recht immer als freie vierte Gewalt darstellt und zu Recht mehr Einsicht fordert, zum Courant normal übergeht und darüber hinweggeht, wenn aufgedeckt wird, dass etwas ganz Relevantes schiefgegangen ist. Sie haben damals auf der ersten Seite lieber mit anderem aufgemacht. Der „Tages-Anzeiger“ etwa findet, die Pressefreiheit sei in Gefahr, wenn man nicht vom Prozess gegen einen Bundesratssohn berichten könne. Als dieser Bericht herauskam, titelte derselbe „Tages-Anzeiger“ damit, dass uns der Chef der SVP jetzt dann mit Hausbesuchen beglücke.
Da muss ich sagen: In diesem Falle brauchen wir nicht eine PUK, denn die Geschäftsprüfungsdelegation hat ihre Aufgabe richtig gemacht. Was wir aber bräuchten, wäre ein Bundesrat, ein Parlament oder, wenn diese es nicht machen, Medien, die einen solchen Bericht nicht einfach so als Courant normal durchwinken, sondern die wirklich auf Konsequenzen drängen und sich nicht damit zufriedengeben, dass der Chef des Nachrichtendienstes sich bei Herrn Cassis auf einen Chefsessel rettet und sein Stellvertreter interimistisch noch den Dienst führen kann, ohne kritisiert zu werden.
Sie merken es: Wir ziehen diese parlamentarische Initiative zurück. Es ist ein Zeichen auch des Vertrauens und der Wertschätzung der Arbeit der Geschäftsprüfungsdelegation, die es verdient hätte, etwas vertiefter gewürdigt und beachtet zu werden.