E-Voting-Moratorium: Hilf mit!Lesedauer ca. 3 Minuten

Am 25. Januar 2019 wurde die geplante Volksinitiative für ein E-Voting-Moratorium der Öffentlichkeit vorgestellt. Als Mitglied des Initiativkomitees freue ich mich, wenn bis in einem Monat 10’000 Unterstützerinnen und Unterstützer ihr Commitment auf evoting-moratorium.wecollect.ch abgeben. Das ist dann der Startschuss. Warum bin ich für ein Moratorium von mindestens 5 Jahren – und klare harte Rahmenbedingungen für eine allfällige spätere Aufhebung des Moratoriums? Lies selbst hier mein Votum an der Medienkonferenz.

Geschätzte Anwesende

Als Politiker, als fachlich nicht ganz unbeleckter Mensch, was die Digitalisierung betrifft, vor allem aber als überzeugter Demokrat habe ich mich vom Skeptiker zum Gegner des eVotings gewandelt. Und darum spreche ich zu Ihnen zum Thema eVoting und Demokratie.
Warum sprechen die Skeptikerinnen, die Kritiker von eVoting immer davon, dass die Demokratie gefährdet wird, wenn zum ersten und zum zweiten Stimmkanal ein dritter hinzukommt? Was hat denn eVoting mit der Demokratie zu tun?

Am klarsten auf den Punkt gebracht hat das aus meiner Sicht Bruce Schneier, ein weltweit anerkannter Kryptologe und Internet-Sicherheits-Spezialist. Er schrieb 2018 in einem Artikel für den Guardian:

«Elections serve two purposes. The first, and obvious, purpose is to accurately choose the winner. But the second is equally important: to convince the loser. To the extent that an election system is not transparently and auditably accurate, it fails in that second purpose.»

Also frei übersetzt: Wahlen – und Abstimmungen – dienen zwei Zwecken. Der erste und offensichtliche Zweck ist es zu bestimmen, wer gewonnen hat. Aber der zweite Zweck ist ebenso wichtig: die Verlierer zu überzeugen. Wenn ein Wahlsystem nicht auf eine transparente und nachvollziehbare Weise akkurat ist, erfüllt es diese zweite Aufgabe nicht.

Demokratie als System lebt vom Vertrauen in die Prozesse. Das ist zentral. Das ist das Fundament. Demokratie lebt vom Vertrauen, dass das System zwar nicht 100% perfekt ist – denn das ist nichts und niemand – , aber doch so perfekt, dass auch die Verlierer einem Wahl- und Abstimmungsresultat trauen.

Dies führt zur Anschlussfrage: Warum unser Misstrauen gegenüber dem eVoting? Auch beim ersten und zweiten Stimmkanal kann doch geschummelt werden!

Und da ist die Antwort klar: Natürlich. Aber Attacken auf ein digitales System skalieren viel besser. Das heisst: wenn man das System einmal geknackt hat, ist es viel einfacher, Angriffe im grossen Stil durchzuführen, welche tatsächlich auch Resultate verändern können. Natürlich kann man Wahlcouverts aus Briefkasten fischen. Dazu brauchen Sie keine Computerkenntnisse. Aber der Aufwand und die Wahrscheinlichkeit, entdeckt zu werden, steigt mit jedem Couvert. Ganz anders bei einem Angriff auf eVoting. Wenn Sie einmal eine Sicherheitslücke entdeckt haben, können Sie sie ganz einfach tausendfach ausnützen.

Ganz zum Schluss: Was mir nicht in den Kopf mag, das ist, dass mit eVoting eine Technologie vorangetrieben werden soll, die es gar nicht braucht. Die für die Wählerinnen und Wähler nicht einfacher ist, als das Ausfüllen eines Stimmzettels. Sondern komplizierter. Und langsamer. Dabei hätten wir unzählige Möglichkeiten, staatliche Dienstleistungen und eGovernment massiv zu verbssern in Bereichen, welche nicht das Fundament unserer Demokratie untergraben: das Vertrauen aller, auch der Unterlegenen, in unsere Abstimmungs-Prozesse.

Balthasar Glättli, Nationalrat GRÜNE, Zürich