Am 4. Mai 2020 beginnt die ausserordentliche Session zur Covid19-Krise. Hier mein Votum im Namen der GRÜNE zur Auftakt-Debatte.
Hier noch mein Rede-Manuskript (ich musste etwas kürzen am Rednerpult):
Sehr geehrte Frau Ratspräsidentin,
Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin,
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen
Lernen wir aus der Krise – und wenn ja: WAS?
Oder geben wir uns der trügerischen Hoffnung hin,
sie einfach so rasch als möglich hinter uns zu lassen?
Wir GRÜNEN sind überzeugt: Aus der Krise zu lernen, die grossen Fragen zu beantworten, die uns gestellt sind, hier in der Schweiz, aber auch auf internationaler Ebene, das ist im Kern auch eine Aufgabe der Politik. Und hier sind die politischen Debatten nötig. Darum sind wir hier.
Wollen wir mit Millionen, ja Milliarden
die graue Wirtschaft von gestern am Leben erhalten?
Oder schaffen wir es, mit den wohl nötigen Konjunkturprogrammen
den Umbau hin zu einer grünen Wirtschaft zu beschleunigen?
Nutzen wir doch die Gelegenheit, in die Energiewende zu investiere.
Nutzen wir die Erfahrung der Telearbeit für eine Reduktion der Mobilität.
Bewahren wir die Erfahrung der lokalen Solidarität im Quartier.
Und nehmen wir uns ein Beispiel daran,
wie schnell die offizielle Schweiz reagieren konnte,
massivste Mittel und Garantien mobilisierte.
Wenn die aktuelle Pandemie für viele von uns nicht vorhersehbar war, so gilt dies nicht für die andere große Krise, die uns bevorsteht, die Klimakrise. Wir wissen, was vor uns liegt. Wir wissen, was zu tun ist: Die Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle zu überwinden.
Niemand verlangt hier Notrecht im juristischen Sinne. Aber wir verlangen, und mit uns verlangen unzählige Menschen auf der ganzen Welt, dass wir die Lehre ziehen aus dieser Krise: Wir müssen auf demokratischem Wege mit der gleichen Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit die Lösungen für den Ausstieg aus der fossilen Abhängigkeit anpacken.
In dieser Logik ist auch klar, dass wir nicht bereit sind, Flugzeuge zu retten statt Menschen – solange es keine belastbaren und ehrgeizigen Klimaschutz-Pläne gibt im Luftfahrtbereich.
Lernen aus der Krise heisst aber auch die Demokratie zu stärken
und den Schutz der Grundrechte. Wir müssen das Parlament krisenfest machen, damit es in besonderen Situationen auch online tagen kann und so korrekt selbst entscheiden kann, ob Sessionen abgebrochen oder unter anderen Bedingungen fortgesetzt werden. Die nötige Autonomie der Kommissionen muss gesichert sein, damit sie jederzeit tagen können um zum Beispiel dem Rat parlamentarische Notverordnungen zu beantragen.
Ich sage das ganz bewusst als jemand, der auch an den Entscheiden des Büros beteiligt war. Denn wir gehen aus der Krise alle nur gestärkt hervor, wenn wir den kritischen Blick nicht nur auf die Entscheide der anderen lenken, sondern auch auf jene, an denen wir teilhatten.
Wir erleben heute massive Eingriffe in die verfassungsmässigen Grundrechte. Eben solche Eingriffe kann grundsätzlich auch das Parlament mittels Notverordnungen für sogar bis zu drei Jahre verfügen. Umso wichtiger ist es in den Augen der GRÜNEN, dass künftig eine unabhängige, gerichtliche Instanz, die Verfassungsmässigkeit und Verhältnismässigkeit von Notverordnungen rasch und unabhängig überprüfen kann.
Die aktuelle Gesundheitskrise und die Klimakrise haben viele Unterschiede. Aber sie haben auch eine Gemeinsamkeit:
Sie verstärken die soziale Ungleichheit – trotz aller Hilfs-Massnahmen. Geringverdiener und Familien in Schwierigkeiten sind härter getroffen. Hier sehen wir, warum es einen starken Wohlfahrtsstaat und einen funktionierenden Service Public braucht,
der auch in der nächsten Krise Garant für die soziale Sicherheit der Bevölkerung sein kann.
Wir GRÜNEN begrüssen die Maßnahmen zur Milderung der sozialen Folgen des Coronavirus und hoffen, sie in dieser Woche verbessern zu können. Wir freuen uns über eine breitere Unterstützung der Selbständigen, über Unterstützungsmaßnahmen für die Kinderkrippen und andere Betreuungslösungen.
Die GRÜNEN begrüßen auch die Maßnahmen zur Unterstützung der Medien und setzen uns dafür ein, dass die Geschäftsmietenden im Sinn der Lösung der Wirtschaftskommission des Nationalrats.
Selbstverständlich ist für uns ein Verbot der Zahlung von Dividenden im Falle von Kurzarbeitsmaßnahmen.
Vergessen wir nicht am Schluss – bei allen Mängeln, die man an den getroffenen Massnahmen kritisieren kann – dass die Schweiz riesige Mittel hatte und hat, um auf die Krise zu reagieren.
Gerade im Angesicht einer globalen Pandemie sollte es selbstverständlich sein:
Aber ich sage es im Namen der GRÜNEN doch klar: Die Solidarität, die unsere Ratspräsidentin so eindrücklich beschworen hat,
unsere Solidarität muss auch über die Landesgrenzen hinaus wirksam werden –
Weil wir diese aktuelle Krise
genauso wie die Jahrhundertkrise der Klimaerhitzung
nur gemeinsam bewältigen können.