TracingAPP: Nutzen flop?Lesedauer ca. 3 Minuten

Der Bundesrat hat am 20. Mai die Botschaft für das dringliche Bundesgesetz zur Corona-Tracing App vorgelegt. Ein erster Eindruck nach einem ersten Überblick: die Datenschutzgrundlagen sind ok. Aber wie gross der Nutzen selbst bei einer weitverbreiteten Installation sein würde, ist sehr fraglich. Denn wer einen Warnhinweis erhält, soll ohne Symptome weder zum Arzt gehen, noch hat sie/er das Recht auf Lohnfortzahlung bei der empfohlenen Selbstquarantäne.

UPDATE 25. Juni 2020: Das Parlament hat die Botschaft des Bundesrats verbessert. Und unterdessen ist klar: wenn man nach einer App-Benachrichtigung sich testen lassen will, ist das gratis. Klar: Wenn man sich testen lässt, und dann der Test positiv ist, dann muss man in die Quarantäne. Aber wenn dies vom Arzt verfügt wird, gibt es während der Quarantäne auch eine Lohnfortzahlung.
FAZIT: Die Kritikpunkte in diesem Artikel wurden unterdessen grossteils behoben. Entsprechend habe ich die APP installiert und empfehle auch, sie zu installieren.

Gemäss der Botschaft des Bundesrates sind die Grundbedingungen der von mir in die staatspolitische Kommission eingebrachten Motion für eine Tracing-App eingehalten. Aus Datenschutzsicht scheint mir die App auf den ersten Blick ok. Natürlich werden wir dies noch vertieft prüfen, aber ich habe hier in das DP-3T Team durchaus Vertrauen. Mein Problem aber: Ich sehe den versprochenen Nutzen der App nicht, wenn die Rahmenbedingungen so bleiben, wie dies der Bundesrat vorschlägt!
Trotz unterdessen auch öffentlich erfolgter Kritik – nicht nur von mir, sondern auch von verschiedenen NGOs – hält die Botschaft des Bundesrates an den gleichen Rahmenbedingungen fest wie bei der Verordnung zum Testbetrieb. Konkret heisst dies: Wer von der App die Mitteilung erhält, dass er mit einer COVID-positiven Person in Kontakt war, erhält die Empfehlung, nur bei Symptomen zum Arzt zu gehen. Sonst soll man sich einfach in freiwillige Selbstquarantäne begeben – allerdings ohne ein Recht auf Lohnfortzahlung.

Die App sollte ja eigentlich dazu beitragen, dass Menschen das Virus nicht weiterverbreiten, wenn sie in der Inkubationsphase sind. D.h. dass Menschen, die bereits ansteckend sind, aber noch keine Symptome haben, die Möglichkeit erhalten, dass sie sich in freiwillige Quarantäne begeben.

Zwar war für mich die Corona-Tracing App nie das Wundermittel, als die sie viele sahen. Aber wenn nun aus der App ein reines ‚Sensibilisierungstool‘ wird, wie dies die Vertreter des Bundes an der Medienkonferenz vom 20. Mai formulierten, dann war da wirklich sehr viel Lärm um fast gar nichts!“
– Balthasar Glättli, NR GRÜNE

Dabei gäbe es, so scheint mir auf den ersten Blick, durchaus Möglichkeiten, die Funktionalität der App so zu erweitern, dass die Freiwilligkeit nicht gefährdet ist, aber dennoch die Chance, dass die Menschen die freiwillige Quarantäne auch einhalten, erhöht wird. Zum Beispiel könnte die App mit der Ansteckungswarnung auch ein digital signiertes, fälschungssicheres Quarantäne-Zertifikat ausstellen. Wer sich dann – ganz freiwillig und ohne dass die Behörden von der Meldung wissen – dafür entscheiden würde, in Quarantäne zu gehen, könnte die Kontaktwarnung belegen und würde entsprechend auch entschädigt (Lohnersatz resp. Entschädigung für Selbständige).

Ich bin gespannt und nehme gerne von Leser*innen auch Kritik an diesem Vorschlag oder alternative Ideen entgegen, wie man das gesetzliche Umfeld (und wenn nötig die App selbst) anpassen könnte, um die Wirksamkeit der App zu verbessern, ohne das Konzept der Freiwilligkeit zu gefährden.

Korrekturen vorgenommen am Artikel: 21.5.2020